Notebooks und Tablets, mobiles Internet und Online-Telefonie – wer nicht mehr als diese Voraussetzungen braucht um zu arbeiten, der kann schnell auf die Idee kommen, von überall zu arbeiten. Ich habe viele Programmiererkollegen, die das auch tun und vom Ort ihrer Wahl für ihre über das ganze Bundesgebiet verteilten Kunden arbeiten. Immer wieder lese ich in Artikeln, dass diese Arbeitsform eine größere Zukunft haben wird. Zugegeben, die Möglichkeiten sind schon beachtlich, aber nicht immer führen sie zu einem optimalen Ergebnis. In diesem Artikel schreibe ich über meine Erfahrungen mit dem Arbeiten auf Grundlage telefonischer oder computervermittelter Kommunikation, sprich E-Mail, Skype oder ähnlichen Mitteln.
Die Tür einfach zumachen
Meine ersten Erfahrungen mit der Zusammenarbeit über eine größere Entfernung habe ich im Studium gemacht. Damals hatte ich einen Werksvertrag mit einer Universität in einem anderen Bundesland, für die ich polnische Ortsnamen analysierte. Ich war in der Durchführung dieser Tätigkeit recht unabhängig und weniger auf die Absprachen mit „meinem“ Professor angewiesen. Ich erhielt lediglich die groben Anforderungen, den Haufen Arbeit und eine Deadline.
Rückfragen klärte ich damals per Telefon oder E-Mail. Gerade letzteres zog sich dann manchmal etwas hin. Eine Herausforderung bestand auch in der Zeiteinteilung. Ich saß zu unregelmäßigen Zeiten meist zu Hause an der Arbeit. Gefühlt war sie damit immer um micht herum. Hätte ich die Tätigkeit in einem Büro durchgeführt, hätte ich wie viele andere es auch kennen, die Tür nach einer gewissen Zeit einfach schließen können.
Plötzlich weg
Während eines Ausgründungsprojektes an der Universität Greifswald im Jahr 2009 kamen wir in die Notwendigkeit, einen weiteren Programmierer zu suchen. Nach einer Weile und vielen Versuchen vor Ort, habe ich damals eine Outsorcingplattform genutzt. Nach mehreren Anläufen und einem Test zwischen mehreren Programmierern, haben wir jemanden gefunden, der nicht nur in unser Budget passte, sondern mehr als die geforderten Qualifikationen, sowie eine ausgezeichnete Kommunikation bot. Plötzlich kamen wir deutlich schneller voran und alles lief über ein paar Monate richtig gut. Da der Programmierer aus Westeuropa kam, waren weder die Zeitverschiebung noch unterschiedliche kulturelle Hintergründe ein Problem.
Als das Projekt dann wegen der Änderung der Strategie eine andere Richtung einnahm und wir die Kommunikation mit dem Entwickler für kurze Zeit einstellten, war er plötzlich nicht mehr zu erreichen. Bis heute frage ich mich, ob das an uns lag und was wir hätten besser machen können. Sicherlich eine ganze Menge, aber konkretes und konstruktives Feedback hätte mir viel weiter geholfen.
Ein weiterer Entwickler aus der damaligen Zeit arbeitet bis heute mit mir zusammen. Obwohl wir nie am gleichen Ort gearbeitet hatten, haben wir einige Gelegenheiten genutzt um uns zu treffen und mittlerweile wohnen wir auch nicht mehr allzu weit voneinander entfernt. Hier klappt die Zusammenarbeit deutlich besser.
Einmal in die Augen schauen
Mittlerweile arbeite ich selbst als freier Programmierer und sehe die meisten meiner Kunden eher selten. Mit den neuen Kunden halte ich es aber wie mit XING-Kontaktanfragen: wir sollten entweder eine sehr starke Gemeinsamkeit und einen Austausch haben oder uns einmal von Angesicht zu Angesicht sehen. Da die meisten Kunden in Berlin sind und ich regelmäßig dort hinfahre, klappt das auch ganz gut. Viel häufiger sehe ich mich mit einigen Kunden hier vor Ort in Greifswald auch nicht. Dennoch verbindet regionale Nähe und zumindest das Gefühl, sofort einen Ansprechpartner in seinem Büro aufsuchen zu können, ist für viele Menschen ein Kriterium für einen Dienstleister.
Meine Erfahrungen mit Kunden, denen ich nie persönlich begegnet bin, sind sehr ernüchternd ausgefallen. Entweder verlaufen Angebote im Sande oder die Kommunikation schläft ein. Wirklich große Projekte konnte ich noch mit keinem Kunden durchziehen, mit dem ich nicht zumindest schon einmal einen Kaffee getrunken habe. Das finde ich aber keinesfalls problematisch, sondern setze es mittlerweile einfach voraus.
Fragen schnell klären
Zu guter letzt bin ich mittlerweile ja auch Publisher und habe besonders in der Redaktion einige freie Mitarbeiter. Das sind meistens Studenten und auch hier habe ich die Erfahrung gemacht, dass sie zwar theoretisch die meiste Arbeit von zu Hause aus machen können, aber die Zusammenarbeit erst effizient wird, wenn wir uns regelmäßig sehen. Wir müssen uns dabei nicht einmal unbedingt viel unterhalten oder Fragen klären (was jedoch ein großer Vorteil ist), aber für das Arbeitsklima ist ein Sich-regelmäßig-sehen unabdingbar.
Das Netz macht es möglich. Dennoch gehört auf beiden Seiten viel Disziplin dazu, zusammen und miteinander zu arbeiten. Regelmäßige Treffen und überdurchschnittliche kommunikative Fähigkeiten halte ich dabei für unablässig.