Meine Urlaubslektüre bestand in diesem Jahr aus dem Buch The E-Myth Revisited von Michael E. Gerber. Damit habe ich mich ganz schön verschätzt, denn aufgrund des lehrreichen Inhalts war ich am Ende schneller durch als der Urlaub gedauert hat. Gut erholt lest ihr hier, worum es bei The E-Myth geht, was ich aus der Lektüre gelernt habe und wie ich schon begonnen habe das Gelernte anzuwenden.
Kleine Unternehmen ganz groß
Bei The E-Myth Revisited handelt es sich um die überarbeitete Version des in den USA erstmalig bereits 1986 erschienenen Buches The E-Myth von Michael E. Gerber. Hierin geht es um die Probleme von besonders kleinen, inhabergeführten Unternehmen und wie man sie anders angehen könnte.
The Entrepreneur, The Manager, The Technician
Zu Beginn beschreibt Michael E. Gerber drei Persönlichkeiten, die in jedem von uns stecken. Als Entrepreneur lösen wir Probleme und leben in Visionen in der Zukunft. Der Manager in uns versucht dagegen, das vorhandene zu verwalten und zu ordnen. Der Technician konzentriert sich vol und ganz darauf, dass Aufgaben erledigt werden. Alle drei Persönlichkeiten kommen nicht miteinander klar, stecken aber in jedem von uns und kämpfen daher ständig gegeneinander. Gleichzeitig sind sie jedoch alle drei für die erfolgreiche Unternehmensgründung notwendig.
Für diese Unterteilung bin ich dem Autor sehr dankbar. Ich habe selbst schon häufig gemerkt, dass ich mal in der einen, mal in der anderen Rolle stecke, sie aber nie voneinander getrennt und ihre Eigenheiten betrachtet. In der Nachbetrachtung hätte mir diese Unterscheidung auch bei Teamgründungen einigen Ärger erspart.
Die drei Unternehmensphasen
In der Anfangsphase ist der Gründer mit dem Unternehmen verschmolzen, oder anders: der Gründer ist das Unternehmen. Gerber stellt fest, dass die Unternehmen hier mehr danach geführt werden was der Unternehmer will, als was das Unternehmen braucht. Diese Phase endet mit der Feststellung, dass es nicht mehr so weitergehen kann. Das wichtigste Zitat aus diesem Teil, das sich durch alle Inhalte zieht:
If your business depends on you, you don’t own a business – you have a job.
Die zweite Phase beginnt damit, Leute einzustellen, weil man nicht mehr alles alleine schafft. Das Problem vieler Unternehmen ist hier jedoch, dass der Unternehmer sich zu sehr auf seine Mitarbeiter verlässt, unzufrieden wird, die Leute entlässt und wieder an der gleichen Ausgangsposition ankommt. Einige Unternehmen gehen hier zu Grunde, andere schrumpfen wieder auf die erste Phase zurück und wieder andere versuchen mit aller Macht in der aktuellen Situation zu überleben.
Die beiden ersten Phasen treten besonders bei Leuten auf, die mehr der Technician als der Manager oder Entrepreneur sind. Sie lieben ihre Arbeit und wollen Aufgaben erledigen. Das hat wieder einmal daran erinnert, dass ich selbst einmal schmerzlich festgestellt habe, dass nicht jeder ein Gründertyp ist.
Damit Unternehmen erfolgreich aufgebaut werden, müssen auch der Entrepreneur und der Manager beteiligt werden. Das Ziel sollte es bei dieser dritten Phase sein, ein Unternehmen aufzubauen, das auch ohne bestimmte Personen funktioniert. Das ist nicht das Ergebnis der ersten beiden Phasen, sondern sollte von Beginn an so angestrebt werden.
Franchiseprinzip als Lösung
Als Vorbild für die dritte Phase bzw. das Prinzip, nach dem nach Ansicht von Gerber auch kleine Unternehmen aufgebaut werden sollten ist das Franchiseprinzip. Nachdem ich diesem Gedanken erst kritisch gegenüber eingestellt war, denke ich jetzt auch nach der Lektüre immer noch darüber nach und merke, wie die Draufsicht auf sein Unternehmen als Franchise ein paar sehr interessante Gedankengänge eröffnet.
Gerber nennt beim Thema Franchise zwar das in dieser Hinsicht Vorzeigeunternehmen McDonalds, meint aber nicht, dass jedes Unternehmen auch als große Kette aufgebaut werden sollte. Ein paar Gedanken davon sind aber dennoch für jedes Unternehmen relevant. Wie kann das Unternehmen vom Gründer unabhänfig sein? Wie können die Aufgaben mit möglichst geringem Vorwissen erledigt werden? Dokumentation stellt hier einen sehr zentralen Punkt dar.
Aufbau eines Prototyps
Der Franchisegedanke führt dazu, dass das eigene Unternehmen, in dem der Gründer zumindest anfangs noch mitarbeitet, als „Prototyp“ angesehen wird, von dem später ggf. weitere gleiche nachgebaut werden können. Daher ist es für den Unternehmer wichtig, sämtliche Abläufe festzulegen und zu dokumentieren. Dieser Prozess ist durch ständige Innovation, Auswertung und Konkretisierung von Abläufen begleitet, bis der Prototyp quasi von selbst läuft und dubliziert werden kann.
Der Planungsprozess
Ähnlich wie bei Getting Things Done wird auch beim The E-Myth Revisited mit einer langfristigen Planung begonnen. An oberster Stelle sollten die Lebensziele des Gründers stehen. Diese haben bei genauerem Hinsehen wenig mit dem Unternehmenszielen zu tun, sondern, diese Sichtweise empfiehlt Gerber, mit dem, was man auf seiner eigenen Beerdigung über sich hören möchte.
Erst im zweiten Schritt werden die Ziele des Unternehmens definitiert. Dabei geht es nur darum, dass das Unternehmen die Basis für die persönlichen Ziele schafft. Hierzu gehört natürlich auch das notwendige Kapital herbei zu schaffen. Das klingt jetzt sehr unpersönlich und nach wenig Spaß. In diesem Schritt enthalten ist aber auch die Festlegung des Konzeptes des Unternehmens, zu dem eine Kernaussage zählt. Die erinnert mich an das Leitmotiv, das ich in einem früheren Artikel schon einmal entdeckt habe. In dieser kann sich der Gründer durchaus wiederfinden, wenn es etwa darum geht, Menschen durch die Lösung eines Problems glücklich zu machen.
Neu war für mich der Ansatz Gerbers, dass bereits bei der Gründung, bei der man ggf. sogar noch allein ist, schon ein Organigramm mit dem für das Endziel notwendigen Personal erstellt wird. Jede Position erhält dabei bereits eine Aufgabenbeschreibung. Diese ist von dem jeweiligen Inhaber der Position zu unterschreiben. Zu Beginn unterschreibt der Gründer alle Positionen und versetzt sich damit in die Rolle seines Angestellten. Jetzt geht es darum, Position für Position in der Praxis auszuarbeiten und daraus ein Handbuch für spätere Angestellte zu erstellen. Erst, wenn dieses Handbuch fertig ist, kann die Position auch von einem Angestellten übernommen werden.
Im weiteren Planungsprozess geht es um Strategien für Mitarbeiter, Management oder Marketing, doch dazu empfehle ich die Lektüre selbst.
Mein E-Myth
Wie schon erwähnt, habe ich selbst sehr viel vom E-Myth gelernt. Die Trennung der drei Gründerpersönlichkeiten scheint trivial, hat mir aber ermöglicht, mich mehr auf diese in mir selbst einzustellen. Das eigene Unternehmen von vornherein als skalierbares Franchise anzusehen und es von der eigenen Person zu trennen kann ebenfalls nicht allzu oft betont werden und hat mir viele Impulse für den bevorstehenden Unternehmensaufbau gegeben.
Wahrscheinlich dem Alter des Buches geschuldet, kommen informationslastige Branchen oder Unternehmen zu kurz. Bei den von Gerber angebrachten Unternehmensideen werden eher einfache, gut definierbare Arbeitsplätze geschaffen. Wer Mitarbeiter mit speziellem Wissen braucht, wird hier nicht alles umsetzen können.
Als weiteren Kritikpunkt sehr ich, dass das Buch aus zwei ständig wechselnden Teilen besteht, bei dem der eine eine (fiktive?) Diskussion mit einer Gründerin darstellt. Das klärt zwar teilweise Fragen, beinhaltet aber auch viele langatmige Geschichten. Dieser Platz hätte gerne für weitere Erläuterungen genutzt werden können. Auch wenn ich viele gute Ideen und Definitionen an die Hand bekommen habe, Dank derer ich die nächsten Wochen so einiges zu tun habe, so habe ich am Ende das Gefühl, dass The E-Myth Revisited mit dem Ziel geschrieben wurde, mich als Kunden für das E-Myth Coaching zu gewinnen, das die Firma des Autors in den USA anbietet. Trotzdem kann ich The E-Myth Revisited anderen Gründern und Unternehmern uneingeschränkt empfehlen.
Bildquellen
- The E-Myth Revisited: The E-Myth
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