Ich muss mich als Gründer und Unternehmer zwangsweise mit dem Thema Steuern auseinandersetzen. Zwar habe ich einen Steuerberater, doch das erspart mir nicht ein gewisses Grundwissen.
In diesem Beitrag geht es nicht um das Vermeiden von Steuern oder die schon in vielen voneinander abgeschriebenen häufigsten Steuer-Irrtümer. Vielmehr möchte ich ein paar Punkte aufgreifen, die meiner Meinung nach häufig zu vereinfacht dargestellt werden und neuen Unternehmern und Unternehmertum an sich unreflektiert schaden können.
Ich habe die Kommentar-Sektion geöffnet. Falls also eine Frau oder ein Mann vom Fach ergänzen oder korrigieren möchte, dann bitte.
Clevere Unternehmer zahlen keine Steuern
Manchmal kommt es in der Berichterstattung so rüber, als ob reiche Menschen irgendwelche Tricks kennen, mit denen sie keinerlei Steuern mehr zahlen müssen. Nachdem ich im Vorjahr den Konz mit seinen über 1000 „Steuer-Tricks“ gelesen habe stellte ich fest, dass es zwar einige Möglichkeiten gibt Steuern zu sparen, sich diese aber fern von irgendwelchen Schlupflöchern bewegen und sich die Steuerlast bei höheren Einkommen dadurch nicht drücken lässt.
Richtig ist, dass Ausgaben grundsätzlich den Gewinn schmälern und damit die anfallenden Steuern minimieren. Ist das sinnvoll. Siehe unten.
Es gibt auch die Möglichkeit in ein anderes Land umzuziehen oder sich, wie kürzlich durch die Panama-Papers in die Öffentlichkeit gekommen, ein Geflecht an Scheinfirmen zu öffnen zwischen denen dann das Geld umherwandet und eine Versteuerung verhindert.
Ist das aber für jeden möglich und überhaupt, ist es sinnvoll oder erstrebenswert?
Die Frage darf jeder für sich selbst beantworten. Für die komplexen Konstrukte sind häufig viele Millionen an Einkommen notwendig. Außerdem braucht man dafür zwielichtige Berater.
Ich kümmere mich lieber um mein Business und sehe die anfallende Steuer als Bestätigung des Geschäftserfolgs. Natürlich hätte ich gerne mehr von dem Geld für spätere Investitionen zurückgelegt, was leider aktuell nicht für Personalkosten möglich ist, aber irgendwas lässt sich immer kritisieren.
Meine Gründerstory begann vor vielen Jahren mit einem staatlich finanzierten EXIST-Stipendium. Das war nicht die einzige öffentliche Unterstützung für meinen Weg zum Gründer, welcher ohne diese vielleicht nie möglich gewesen wäre. Daher bin ich gar nicht so unglücklich darüber, die staatliche Investition in mich zurückzahlen zu können.
Man soll Kosten erzeugen um Steuern zu sparen
So häufig habe ich gehört, dass man zum Jahresende schnell noch Geld ausgeben soll um seine Steuern zu senken. Das klingt zunächst wie:
Eigentlich schulde ich dem Staat 10.000€ Steuern, aber wenn ich mir jetzt noch Büroartikel kaufe, dann behalte ich deutlich mehr Geld, weil ich die Kosten ja von der Steuer absetzen kann.
Richtig ist (mit Einschränkungen die hier den Rahmen sprengen würden), dass jede berufliche Ausgabe zu einer verminderten Steuerlast führen kann. Wenn ich mir also Büroartikel für 1.000€ anschaffe, dann kann ich diese Kosten von meinem Einkommen abziehen und die Steuerlast verringert sich.
Falsch, oder besser gesagt zu kurz gedacht ist, dass ich daraus einen finanziellen Vorteil habe. Ich zahle zwar weniger Steuern, habe aber auch höhere Ausgaben und unterm Strich viel weniger Geld.
Und jetzt mal konkret bei 30% Steuerlast.
ohne Kosten | mit Kosten | |
---|---|---|
Einnahmen | 30.000€ | 30.000€ |
Kosten | 0€ | 1.000€ |
zu versteuerndes Einkommen | 30.000€ | 29.000€ |
Steuern (30%) | 9.000€ | 8.700€ |
Ergebnis | 21.000€ | 20.300€ |
Wie man oben sieht, bleiben mir bei 1.000 € Kosten insgesamt 700€ weniger übrig. Sieht für mich nicht nach einem Grund aus diese Ausgabe zu tätigen.
Für den ein oder anderen mag es eine Genugtuung sein, wenn der Staat weniger Geld erhält, aber mir ist wichtig, was bei mir landet. Natürlich überlege auch ich, ob ich vor Ablauf eines vor allem umsatztechnisch sehr guten Jahres nicht noch Ausgaben vorziehen kann, die ich eh geplant hatte, damit ich diese noch von der Steuer abziehen kann. Bei einer GmbH die jedes Jahr einen Gewinn abwirft ist das aber nicht relevant, weil der Steuersatz immer gleich bleibt. Und selbst wenn wir im Folgejahr ein Minus einfahren würden, dann könnten wir den mit Gewinnen aus dem Vorjahr noch verrechnen.
Zugegeben, für einen Selbstständigen, der ich ja auch noch bin, ist das etwas anders. Dank des progressiven Steuersatzes kann es hier durchaus sinnvoll sein, Ausgaben in ein Jahr zu schieben, welche besser läuft, weil hier prinzipiell mehr Steuern gespart werden können. Bei den genannten Beträgen ist das aber auch nicht immer den Aufwand wert oder rechtfertigt eine Ausgabe, die von vornherein nicht notwendig war.
Linke Tasche, rechte Tasche
Das folgende Beispiel ist etwas abstrakter und sehr speziell. Ich bringe es trotzdem an, weil es sehr anschaulich beschreibt, wie einseitig manchmal gedacht wird, wenn es um die Optimierung der eigenen finanziellen Situation geht.
Ich habe kürzlich einen Asset meines Unternehmens verkauft. Dabei kam die Frage auf, ob ich nicht gleich das ganze Unternehmen verkaufe, weil es steuerlich günstiger ist. Da es sich um eine Kapitalgesellschaft handelt, wäre ich als Gesellschafter mit ca. 26% Steuern auf den Verkaufspreis der Firma sehr gut weggekommen. Auf den Verkauf eines Assets fallen für die Firma ca. 30% Steuern an, und der Gewinn wäre bei Auszahlung an mich auch noch einmal mit ca. 26% versteuert worden.
Warum nicht also das ganze Unternehmen verkaufen?
Weil diese Entscheidung nicht einseitig ist. Auf der anderen Seite kann nämlich der Verkäufer den Kauf eines Assets steuerlich absetzen, während der Kauf eines Unternehmens bzw. von Unternehmensanteilen sich steuerlich nicht günstig ausgewirkt hätte.
Damit sich beide Seiten einigen, hätte ich also beim Kaufpreis für die ganze Firma um den Betrag heruntergehen müssen den ich im Vergleich zum Assetverkauf mehr erzielt hätte, damit der Käufer die gleichen Kosten nach Steuern hat.
Schade finde ich, dass der Käufer und ich selbst darauf kommen mussten. Mir hat das keiner meiner Berater von sich aus so umfassend erklärt.
Die Steuerklasse entscheidet über das Einkommen
Die Aufregung um die Steuerklasse habe ich lange nicht verstanden und so interpretiert, dass man unbedingt aufpassen soll, dass hier alles richtig ist. Wer in einer ungünstigen Steuerklasse ist, der zahlt mehr Steuern als er muss.
Richtig ist, dass die Steuerklasse in der Tat darüber entscheidet, wie viel Geld zunächst vom Lohn abgeht. Das ist natürlich ungünstig, wenn man eh schon knapp bei Kasse ist.
Falsch ist, dass die Steuerzahlung damit weg ist. Wer, wie ich, eine Steuererklärung macht, bei dem wird am Ende eh alles noch einmal aufgerollt. Die Steuerklasse entscheidet dann mehr oder weniger nur darüber, wie hoch die Vorauszahlung angesetzt ist. Nach Abgabe einer Steuererklärung mit den realen Daten kann die endgültgige Zahlung noch einmal deutlich davon abweichen.
Ein paar Einschränkungen gibt es hier aber doch: in einer der letzten Ausgaben der Finanztest wurde geschrieben, dass manchmal der Nettolohn nach Steuerklasse angesetzt wird, z.B. bei der Berechnung des Elterngeldes.
Weitere Irrtümer
Jetzt bin ich mal gespannt. Regt euch auch der ein oder andere Irrglaube über Steuern auf? Seht ihr einen fachlichen Fehler in meinen Ausführungen? Teilt dies gerne in den Kommentaren unten.