Seit Beginn eines Gründerprojektes an der Universität Greifswald, befasse ich mich mit dem Thema Businessplan. Dabei habe ich ihn selbst schon sowohl als sinnlose Papierverschwendung als auch als wichtiges Element der Gründungsvorbereitung gesehen. Meine Erfahrung geht also in mehrere Richtungen. Die Antwort auf die Frage, was einen guten Businessplan ausmacht, kann sicher nicht pauschal beantwortet werden, sondern hängt von Fall zu Fall ab. Ich verabschiede mich aber von seitenlangen Texten und versuche neue Ansätze. Denn an sich ist der Businessplan sinnvoll, ich habe jedoch in der Vergangenheit oft den Fehler gemacht, seiner Form zu viel Bedeutung zu geben. Einen Ansatz, den ich mehr und mehr für mich entwickle ist das Ersetzen großer Passagen durch ein Leitmotiv. In diesem Artikel beschreibe ich, was ich damit meine.
Unzählige Businesspläne
Wie ich schon bei meinen Erfahrungen mit dem EXIST-Stipendium geschrieben habe, kann ein Businessplan schnell zur Hauptbeschäftigung werden. In diesem Fall war der Businessplan Ziel des Projektes und hat damit unsere unternehmerischen Aktivitäten blockiert. Allein schon, weil alle unsere Berater immer einen Businessplan sehen wollten. Unzählige Businesspläne habe ich damals geschrieben. Immer wieder in der Hoffnung, dass ich die sich ständig ändernden Bedingungen erfassen und die für den unternehmerischen Erfolg relevanten Entscheidungen schon im Vorfeld treffen könnte. Mittlerweile weiß ich, dass der Businessplan nicht die reale Erfahrung ersetzen kann. Dennoch sollten Gründer einen Businessplan haben, sie müssen ihn ja nicht aufschreiben.
Was ist ein Businessplan?
Im Internet gibt es viele Vorlagen für Businesspläne. Da lassen sich schnell 20 bis 30 Seiten mit Text füllen. Allein diese Anforderung verringert meines Erachtens die Qualität von Businessplänen, denn da geht es dann schnell um viel Inhalt, statt der Umsetzung. Doch was ist eigentlich ein Businessplan?
Ich habe häufig den Fehler gemacht und in meinen Businessplan zu viele Details aufgenommen. Meilensteine sind gut, aber ein detaillierter Zeitplan wird schnell zu unflexibel und verschwindet in der Schublade, weil wir es eh nicht schaffen ihn regelmäßig zu aktualisieren und sobald wir dem Businessplan nicht mehr vertrauen, hat er verloren. Ein Businessplan enthält also nicht die komplette Umsetzung der Unternehmung, sondern beantwortet die wichtigsten Fragen aus Was will ich wie und wie oft verkaufen und wieviel verdiene ich damit.
Jeder dieser Aspekte lässt sich schnell aufblähen, aber für den Anfang reicht ein Satz für jede der W-Fragen. Meine vielen (noch) unrealisierten Unternehmensideen verfügen meist über einen fast fertigen Businessplan und häufig sind das nicht mehr als 1 Seite. Es gibt demnach keine detaillierten Konkurrenzanalysen oder Umsatzprognosen, denn bei den meisten meiner Startupideen lässt sich das eh nicht vorhersagen.
Das Leitmotiv steht über allem
Ein langer Businessplan führt dazu, dass wir und andere ihn nicht lesen wollen bzw. uns kurze Zeit später schon nicht mehr an den Inhalt erinnern. Im Alltag geht es viel schneller, als dass wir den Businessplan aktualisieren können. An einer meiner aktuellsten Ideen probiere ich gerade den Aufbau des Businessplans anhand eines Leitmotives. Das ist eine Aussage, die sowohl Vision als auch Ziel beinhaltet und der sich alle Handlungen im Unternehmen unterordnen. Da ich mein eigenes Beispiel aktuell noch nicht veröffentlichen möchte, hier ein imaginäres.
Wenn ich eine Pizzeria eröffne, dann ist im Allgemeinen die Konkurrenzsituation unbestritten sehr groß. Ich muss also etwas Besonderes bieten und anschließend viel Marketing machen. Mir könnte jetzt einfallen, dass ich eine familienfreundliche Pizzeria eröffne, weil mein Lokal an ein Wohnviertel grenzt, in dem viele junge Familien leben. Mein Leitmotiv könnte also sein
DIE Pizzeria für Familien
Dieses Motto steht jetzt über allen Entscheidungen nach innen und außen und dem Marketing.
So steht dann schon bei der Einrichtung des Lokals fest, dass ich auf folgende Dinge achten muss:
- breite Gänge für Kinderwägen
- Stellplätze für Kinderwägen
- eine Spielecke
- abwischbare Möbel und keine stoffbezogenen Stühle
- Rauchen ist ausnahmslos verboten
- etc…
Auch bei der Gestaltung der Speisekarte gibt es damit ein Motiv und vielleicht ist eine offene Küche für die Kleinen genau das Richtige. Im Marketing habe ich mit diesem Leitmotiv ebenfalls eine Richtung vorgegeben, die in Gestaltung, Werbeaussagen, ja selbst den Namen des Restaurants einfließen kann. Zudem weiß ich, dass ich nicht in der Seniorenzeitung inserieren muss, sondern finde vielleicht für die Zielgruppe passende Werbemittel. In diesem Fall ist die Mundpropaganda zwischen jungen Müttern sicher nicht zu vernachlässigen, also wie wäre es mit kleinen Giveaways?
Auch wenn ich keine Pizzeria eröffnen möchte, so könnte ich dank dieses Leitmotivs von einer kinderfreundlichen Pizzeria jetzt noch eine Weile an meinem Businessplan arbeiten. Und genau so funktioniert auch der spätere Unternehmensalltag, wenn das Leitmotiv gelebt und kultiviert wird. Wichtig ist natürlich dafür, dass sich der Gründer mit diesem identifiziert.
Als Beispiel fällt mir noch Microsoft ein. Das Unternehmen hatte zu Beginn die Vision „A computer in every home“.
Die Entstehung des Leitmotivs
Wie sich bei meinem Beispiel leicht erkennen lässt, ist eine gewisse Recherche auch für das Leitmotiv unerlässlich. Eine Recherche, die dann wiederum Grundlage für einen ausführlichen Businessplan ist. Kein Problem, wenn das Leitmotiv nicht gleich zu Beginn klar ist. Später sollte es jedoch die einzelnen Inhalte des Businessplans zusammenhalten, ganz gleich, ob er auf einer Serviette oder Hochglanzpapier geschrieben wurde.
Die Idee vom Leitmotiv ist eine, die ich selbst noch entwickle. Ich merke aber an meinen eigenen Unternehmensideen, dass ich mir meist nur das Leitmotiv bewusst machen muss und schon kann ich die Planung und Umsetzung deutlich zielgerichteter vornehmen. Hinzu kommt, und das ist ja auch eine Idee des Businessplans, dass sich eine an einem Leitmotiv orientierende Unternehmensidee auch nach außen gut kommunizieren lässt.
Einen Ansatz, um Businesspläne kurz und übersichtlich zu halten, sind deren schematische Darstellung. Der Gründerblog Denkpass hat mal eine Reihe zum Businessmodel Canvas gemacht. Das habe ich mir damals auf ein Whiteboard geschrieben und so über mehrere Tage in einer übersichtlichen Struktur an meinen Businessmodellen gefeilt.
Was denkt ihr über Businesspläne? Hat euch ein Businessplan schonmal selbst als Nachschlagewerk gedient oder habt ihr ihn nur für andere geschrieben? Welche Ideen habt ihr, um anderen Gründern die Angst vor Businessplänen zu nehmen? Ich freue mich über eure Kommentare.
Update 07.09.: Ich bin gerade über einen Artikel von Lukasz Gadowski gestolpert, in dem er quasi mein Leitmotiv als Mission Statement bezeichnet.