Mittlerweile hat sich wohl nicht nur in meinem beruflichen und geographischen Umfeld herumgesprochen, dass ich meine Arbeit als Webentwickler sehr gewissenhaft angehe. Das zeigt mir die aktuelle Flut an Anfragen aus meinem Netzwerk. Darüber freue ich mich natürlich, aber langsam wird es eng. In der letzten Woche hat das Telefon so oft geklingelt, dass ich manches Mal scherzhaft meinte: Kunde droht mit Auftrag.
Kunde droht mit Auftrag?
Macht euch ruhig mal den Spaß und googelt nach Kunde droht mit Auftrag. Ich fand nur Kunden, die sich über mangelnden Service potentieller Auftragnehmer ausgelassen haben. Meist ging es um fehlende Antworten auf Anfragen oder schlechte Bedienung und Beratung bei Dienstleistungen. Ich hoffe, dass ich nicht in diese Kategorie der Dienstleister falle, kundennah kommunizieren kann und mich ausnahmslos und zeitnah um jede Anfrage kümmere.
Hier geht es mir jetzt aber um die Sicht eines aktuell sehr gut ausgelasteten Entwicklers. Zwei Kollegen, denen ich in den letzten Tagen von meinem „Leiden“ erzählt habe, haben schon herzlich mit mir gelacht. Diese Freude möchte ich mir gerne erhalten und muss daher aufpassen, dass ich mich nicht übernehme und zu einem Dienstleister werde, über den dann die Kunden negatives berichten.
Die Kunst der richtigen Auslastung
Dienstleister haben es sehr schwer. Sie werden immer nur in Anspruch genommen, wenn sie akkut gebraucht werden. Meist handelt es sich dabei um Probleme oder Anforderungen, vor denen wir nicht gewarnt wurden. Der Kunde möchte auf der anderen Seite dagegen sehr schnell eine Antwort und am besten auch die Fertigstellung seines Projektes. Das verstehe ich ganz und gar. Meine Erfahrung in der Webbranche sagt mir dann aber, dass nach einer oft engagierten Initialzündung beim Kunden schnell die Luft raus ist. Die „normale“ Webseite soll in einem Monat fertig sein und wird es dann irgendwie nach 3 Monaten, weil der Kunde mit dem Schreiben der Texte, dem Beantworten von Nachfragen oder einfach der Endabnahme nicht hinterher kommt. Daher auch mittlerweile meine Ruhe, was scheinbar nahe und häufig willkürliche Deadlines angeht.
Dieses Wissen hilft mir, meine Kapazitäten realistischer einzuplanen und wenn ich mir meine Liste mit aktuell 20 Projekten anschaue, die sich irgendwo zwischen Angebotsabgabe und Warten auf Bezahlung befinden, dann werden mich diese die nächsten Monate beschäftigen. Ich rechne so mit Juni. Bis dahin sollte ich keine Aufträge mehr annehmen, wenn ich auch nur die Hauch einer Chance haben will, auch meine eigenen Projekte ab und zu anzufassen.
Automatische Antwort steht auf JA
Soweit zum Stand. Natürlich lassen die Anfragen nicht nach. Natürlich reizt mich auch jeder neue Auftrag und natürlich habe ich wie jeder andere Selbstständige jemanden eine Stimme in meinem Kopf, die mir sagt, dass ich nicht weiß was kommt und jetzt lieber mehr (vor)arbeiten sollte. Wenn mir also ein neuer oder Bestandskunde einen Auftrag androht, dann steht bei mir die automatische Antwort erstmal auf JA. Ich muss mich dann im Laufe des Gespräches oder der Lektüre der Anforderungen erst langsam davon überzeugen, dass ich doch eigentlich keine Kapazitäten mehr habe. Aber was sind schon 20 oder 40 Stunden Mehrarbeit? Eine ganze Menge, wenn ich den Overhead abziehe.
Weniger ist besser für einige
Mein wichtiges Argument mich gegen einen Auftrag zu entscheiden ist die Absicherung der bestehenden Aufträge. Ich vermeide bei meinen Aufträgen stets mit aller Anstrengung, Wochenendarbeit und Kürzungen bei meinen eigenen Projekte, dass sich die Deadline verschiebt. Dank meiner regelmäßigen Planung habe ich stets einen guten Überblick über die gerade offenen Baustellen, deren Fortschritt und die nächsten notwendigen Aktionen. Doch irgendwann hören der Tag oder die Konzentration auf und dann geht es einfach nicht weiter. Wenn dann immer noch zwei Projekte am nächsten Tag online gehen sollen, dann war ich wohl vorher bei der Auftragsannahme zu blauäugig.
Keine neuen Aufträge für die nächsten zwei Wochen
Eine der Dinge, die ich bei der Lektüre zur Arbeitsoptimierung und Zielerreichung gelernt habe ist es, öffentliche Versprechungen abzugeben. Das muss zwar nicht so öffentlich sein wie dieser Blog, aber da wir gerade beim Thema sind, passt es auch hier ganz gut. Um also die aktuellen Aufträge auch wirklich mit meinem hohen Anspruch zu schaffen, werde ich in den nächsten zwei Wochen, also bis zum 24.02. keine neuen Anfragen bearbeiten und nur noch Aufträge annehmen, für die ich schon ein Angebot abgegeben habe. Alle Anfragen sollen sich in der Zeit danach noch einmal melden, wenn der Bedarf weiterhin besteht.
So, das kommt jetzt noch zur Sicherheit in meine Shortlist, so dass ich mich jeden Tag daran erinnere.
Und ihr? Wie sieht eure Kapazitätsplanung aus? Sammeln sich die Projekte auch mal an oder verteilen sich die Anfragen über das Jahr? Ich freue mich über eure Kommentare.