konstruktive und doofe Kritik

Fast zeitgleich habe ich bei einem meiner eigenen Projekte zwei sehr verschiedene Erfahrungen mit Kritik gemacht, die ich hier schildern möchte. Zum einen handelt es sich um zunächst harte Kritik, die sich in der Folge aber als sehr konstruktiv herausstellte, zum anderen um die Feststellung, dass sich trotz größter Anstrengung nicht aus jedem Feedback etwas positives machen lässt.

Servicekultur

Ich bin ja ein großer Fan amerikanischer Service-Kultur. Wir können was Dienstleistungen und Kundendienst angeht noch so einiges aus dem englischen Sprachraum lernen. Für mich und meine Projekte ist daher ein positives Verhältnis zum Kunden sehr wichtig. Ich versuche dabei nicht nur auf die Anfragen von Kunden einzugehen, sondern auch aktiv um Feedback zu bitten. Eine besondere Herausforderung liegt dann natürlich darin, Probleme zu lösen. Zwischen Kunde und Dienstleister ist das aber nicht immer so leicht, weil wir die unterschiedlichen Motive nicht kennen und andere Erfahrungen daher (leider) oft in neue Situationen projezieren. Eine Kunst besteht nun darin, sich aus dieser emotionalen Gefangenheit zu lösen und die Ursachen zu erfragen.

Unterschiedliche Vorstellungen erfragen

Während ich diesen Artikel schreibe denke ich an viele Situationen, in denen erst ein kurzes Telefonat eine eingefahrene Situation entschärften, weil man sich hier alternativ zur E-Mail näher kam. Oft habe ich erst dadurch erfahren, dass den Kunden eine Deadline oder der Chef drückt, dass er schlechte Erfahrungen gemacht hat oder seine Erwartungen an das Ergebnis sich nicht mit dem Bestellten deckten, weil beide Seiten einfach andere Sprachen sprechen. Um solchen Missverständnissen entgegen zu treten habe ich es mir bei meinem Projekt zu Speisekartenübersetzungen angewöhnt, den Kunden trotz gültiger Bestellungen noch eine ausführliche E-Mail mit allen Details und einer Einladung zur Kontaktaufnahme zu senden. Das allein reichte schon oft, um eine angenehme Atmosphäre zwischen beiden Parteien zu schaffen.

In einem anderen konkreten Fall wollte ein Kunde seine Rechnung nicht bezahlen, weil er mit der Qualität unzufrieden war. Er hat jedoch bei keiner Nachfrage beantwortet, worin das Problem konkret lag und eine von ihm vorgelegte alternative Übersetzung eines Nicht-Muttersprachlers war von Fehlern durchsäht. Bis heute rätsele ich, ob hier wirklich die Qualität oder doch eine andere Motivation ausschlaggebend für die Reklamation war. Nicht immer lässt sich das aber ergründen und zu einer Kommunikation gehören nun einmal mindestens zwei.

Die Nachricht hinter dem Ton

Ihr kennt sicherlich das Sprichwort, dass der Ton die Musik macht. Gemeint ist im übertragenen Sinne die hohe Bedeutung des Wie im Gegensatz zum Was von etwas Gesagtem. Wer nun wie ich gerne helfen möchte, der muss natürlich zur Nachricht durchkommen. Manchmal ist diese in einem nicht unbedingt positiven Umgangston verpackt und lässt erst einmal schlucken. So geschehen vor einer Weile bei einem meiner eigenen Projekte. Ich erhielt einen Kommentar zu einem von mir geschriebenen Artikel. Dieser und ein weiterer waren gespickt mit zynischen Kommentaren und Fragen wie „Was haben Sie studiert?“. Das war ein ganz schön großer Brocken zu schlucken. Nachdem ich mich aber besonnen hatte, erkannte ich in den anderen Zeilen wertvolle Hinweise zu Fehlern, die ich in dem Artikel wirklich gemacht hatte.

Nach einer direkten Kommunikation mit der Autorin via E-Mail hat sich zudem herausgestellt, dass sie sich sehr für das Thema interessierte und fachlich besser geeignet war. Doch dabei blieb es nicht. In der Folge hatten wir einen regen Austausch zu weiteren Funktionen und Inhalten der Seite. Ich habe daraus gute Ideen für Verbesserungen gewonnen und vielleicht sogar eine Autorin für noch bessere Artikel.

Ich nehme Feedback und Kritik immer ernst. Natürlich mit einem notwendigen Abstand, denn mir geht es immer um eine gleichberechtigte Lösung. Ein einseitiges Nachgeben des Anbieters halte ich nicht für richtig. Meine Erfahrung zeigt auch, dass das oft gar nicht die Absicht hinter Kritik ist oder wenn sich ein Kunde mit einem Problem meldet. Dazu gehört aber natürlich auch die Frage, wer die eigenen Kunden sind. Darüber, dass man sie sich zum Teil auch selbst aussucht, habe ich ja schon einmal unter dem Titel Wie verringere ich die Qualität meiner Kunden? geschrieben.

Sinnlose Kritik

Sinnlos ist Kritik dann, wenn sie nicht beabsichtigt ein Problem zu beheben. Das darf Feedback, weil dieses ja auch einfach mal nur ein Lob sein kann und wir müssen ja nicht immer nur über das Negative reden, aber Kritik sollte helfen, etwas zu verbessern. Im Falle meiner Scrabble-Hilfen kommt dann auch schon mal eine Nachricht, die sich erst wie Kritik liest, aber aus der sich kein konstruktiver Hinweis ableiten lässt.

Neulich kam dieses Feedback in meinem Postfach an:

voll der scheißßßßßßßß
macht es besser
ich muss ein quiz lösen für die
schule und das haut hier nicht
hin. ich sage all meinen freunden sie sollen es nie benutzen.
es ist einfach nur voll der scheißßßßßß.
Kapiert!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
voll der scheiß!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Der Absender hinterließ (obwohl deren Angabe freiwillig ist) sogar seine E-Mail-Adresse, hat sich aber auf meine Nachfrage was denn der scheiß konkret sei, nicht mehr gemeldet. So kann ich ihm weder sagen, wie er vielleicht doch an sein Ziel kommt oder ob und wo er eine Lösung für sein Problem findet. Nun kann ich nicht nur aus der Nachricht selbst schon einiges über den Schreiber erfahren, auch sein Facebookprofil hilft mir weiter um einzuschätzen, dass mir sein Feedback am Ende eigentlich gar nicht so wichtig ist. Aber ich kann mir nicht vorwerfen es nicht versucht zu haben.

Kritiker sind die wichtigsten Unterstützer

Auch wenn das vorherige Beispiel etwas witzig war, so ist das Thema Feedback für mich ein sehr ernstes. Es ist für viele die einzige Gelegenheit mir zu schreiben, denn die Glücklichen schreiben selten. So nutze ich dann den E-Mail-Kontakt stets auch, um weitere Fragen zu Nutzungsgewohnheiten, Zufriedenheit und weiteren Wünschen los zu werden. Das fördert meist noch mehr zu Tage als zunächst ersichtlich war. Wichtig ist dabei aber unterscheiden zu können, ob Kritik berechtigt ist und was ein Kritiker damit erreichen will. Dabei gehe ich aber immer erst vom besten Fall aus, nämlich einfach helfen zu wollen.

Wie geht ihr mit Kundenfeedback und Kritik um?