Diese Lektion ist nicht nur für das Gründerleben wichtig, sondern für das ganze Leben: Ihr solltet immer ehrlich bleiben. Unwahrheiten haben mich oft in Verlegenheit gebracht, manchmal sogar zu Unannehmlichkeiten geführt.
Sich größer machen als man ist
Wer die Gründerpresse verfolgt, der bekommt schnell ein einseitiges Bild vom Gründerleben. Gerade im IT-Bereich gibt es viele Startups mit Millioneninvestitionen, deren Erfolg sehr vage ist. Das und der Druck durch eine Förderung hat auch bei mir dazu geführt, dass ich unsere Idee anfangs aufgebläht habe. Man hat das Gefühl, dass alle immer von den Millionenumsätzen hören wollen. Entsprechend stellt man sich auch in Präsentationen dar. Nun sind Prognosen in Businessplänen allenfalls Lügen gegenüber sich selbst, aber damit fängt es an.
Sich besser machen als man ist
Ein schon konkreteres Beispiel, wo man als Gründer aufpassen sollte, ist sein Auftreten gegenüber Kunden und Partnern. Hier hat man schnell sich und seine Erfahrungen aufgebläht. Natürlich erwartet man von Marketingtexten, dass sie positiv sind, aber ich bin mittlerweile vorsichtig geworden, auch was das Erwecken von Eindrücken und Erwartungen angeht. Ich habe gelernt, dass man den wenigsten Stress mit jenen Kunden hat, denen ich nicht das Blaue vom Himmel versprochen habe. Dazu gehört es auch, Fehler und Probleme einzugestehen, wenn sie zur Sprache kommen. Wer hier schon auf einer Unwahrheit aufbaut, der hat Mühe, sein Gesicht zu wahren.
Partnern vertrauen
Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass die meisten Menschen sehr nahbar und hilfsbereit sind. Das trifft auch und vielleicht besonders auf Unternehmer zu. Entsprechend sollte man auch mit Partnern offen umgehen. Ich erinnere mich noch gut, wie ich zu Beginn unserer Arbeit an einem Übersetzungstool für Speisekarten einen Bestand an realen Karten gesucht habe und dazu eine imaginäre Anfrage an diverse Restaurants geschickt habe mit der Aussage, ich hätte eine Reisegruppe und bräuchte noch die Speisekarte um zu bestimmen, in welches Restaurant wir gehen. Im Nachhinein ärgere ich mich nicht nur über meine Aussage, sie hat mir auch Chancen verbaut.
Zwar haben mir einige Gastronom ihre Karte schnell zur Verfügung gestellt, aber mit einer ehrlichen Aussage hätte ich eine erste Marktrecherche durchführen können. Vielleicht hätte sich jemand von den angeschriebenen sogar später für eine Übersetzung interessiert oder hätte wichtige Hinweise geben können. Das ist zumindest die Erfahrung, die ich später bei meinen Recherchen und Umfragen gemacht habe. Einem kann halt nur geholfen werden, wenn man seine Wünsche und Probleme ehrlich äußert. Dabei darf man keine Angst haben offen und ehrlich nach Unterstützung zu fragen, darf sie aber andererseits natürlich auch nicht als selbstverständlich erwarten.
Noch ein Satz zur Ehrlichkeit und Überehrlichkeit. Ehrlich sein bedeutet natürlich nicht, mit Zwang alles zu sagen. Ich muss meinen Kunden weder den Aufwand auf die Nase binden, den ich habe, weil ich mich speziell für ihren Auftrag in etwas einarbeite, was ich hätte schon wissen können, muss vor ihnen aber auch nicht erwähnen, wenn ich ein besonders gutes Geschäft gemacht habe. Wichtig sind die Dinge, die Einfluss auf den Kunden haben, wie eine verpasste Deadline oder zusätzliche Tests, weil es sich um ein heikles Problem handelt und ich mir sicher bin, nicht alles gesehen zu haben. Doch solche Ehrlichkeit wird häufiger belohnt, als wir es manchmal glauben.
Filmenthusiasten empfehle ich The invention of lying (dt. Lügen macht erfinderisch) mit der Darstellung einer Welt, in der es keine Lügen gibt und die Menschen überehrlich sind.
Ich freue mich auf eure ehrlichen Kommentare.