Vor zehn Jahren habe ich über ein EXIST-Stipendium an der Uni den Weg in die Selbstständigkeit gefunden. Diese Programme gehen immer auch mit einem Grad an Consulting einher, sei es über einen Forschungsverbund, an der Uni oder andere institutionelle Förderer.
Anfänglich waren alle Berater entweder Mitarbeiter bei gründungsbezogenen Institutionen oder freie Consultants, deren meiste eigene Business-Erfahrung aus der Beratung selbst stammt. Entsprechend waren die Ratschläge im besten Fall neutral und wirkungslos. In vielen Fällen gingen die Empfehlungen in Richtung Businessplanoptimierung oder Arbeit am Produkt, wodurch wir wertvolle Zeit verloren, da wir uns nicht aktiv mit dem Markt und Bedarf befasst haben.
Das Schlüsselerlebnis war dann ein Treffen mit einem etwas erfahreneren Unternehmer, der das alles schon hinter sich hatte. Das informelle Treffen fand in einem Greifswalder Bistro statt. Wir hatten damals an einer „halbautomatischen Übersetzungslösung“ gearbeitet, die das Übersetzen von Texten auch durch Laien vereinfachen sollte.
Als Akademiker waren wir in unser Produkt verliebt und haben viel zu viel auf der theoretischen Ebene gearbeitet. Gründungsaktivität war für uns damals das Schreiben am Businessplan, was von allen bisherigen Beratern eben auch groß unterstützt wurde.
Unser Spontan-Berater verlor keine Zeit uns nach dem Businessmodell und dem Proof-of-concept zu fragen. Er erlaubte es uns auch nicht uns mit Phrasen aus dem Businessplan herauszureden. Zum Glück waren wir im Nachgang geistesgegenwärtig genug um uns nicht entmutigt zu fühlen oder die Kritik sogar abzuschütteln, sondern wir haben uns an eine seiner Empfehlungen gehalten die hieß
Verkauft doch einfach mal Übersetzungen.
Das leuchtete uns ein. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir keinerlei Bestätigung von wirklichen Kunden, sondern nur von Theorien und Beratern. Unser Berater hatte auch damit Recht, dass unsere Kunden am Ende ein bestimmtes Ergebnis, nämlich die Übersetzung, sehen wollten. Der technische Ansatz an wir bastelten war den Kunden dagegen egal.
In den folgenden Wochen haben wir uns ans Telefon gesetzt und potentielle Kunden angerufen. Ja, wir haben ein paar Übersetzungen verkauft, die noch von Hand angefertigt wurden weil unsere Software nicht existierte. Doch das war harte Arbeit und hat uns gezeigt, dass uns Marketing und Vertrieb überhaupt nicht lagen. Weiterhin haben wir gemerkt, dass das Marktsegment welches wir uns herausgesucht hatten zu wenig Nachfrage produziert und wir den Fokus hätten deutlich ändern müssen.
Diese Erfahrung hat mich gelehrt zwischen guter und schlechter bzw. gut-gemeinter Beratung zu unterscheiden und Berater zu meiden die ihre Unternehmenserfahrung nur in ihrem Consultingbusiness oder als Angestellte erlang haben. Mit diesem Fokus habe ich später weitere Consultants und auch Mentoren ausgewählt.
Das ist auch ein Grund, warum ich gruenderstory.de ursprünglich begonnen habe – ich wollte meine praktischen Erfahrungen teilen.
In den letzten Jahren habe ich nur ein Mal ein Consulting in Anspruch genommen, nämlich vor dem Verkauf eines Teils meines Unternehmens im Jahr 2018. Ich wusste, dass einer meiner früheren Kontakte bereits mehrfach Unternehmen gekauft und verkauft hatte und wollte mir sein Feedback einholen. Das Treffen hat mir dann auch bei der Entscheidung geholfen.
Vor ein paar Monaten hat sich dann wieder die Möglichkeit eröffnet ein Consulting in Anspruch zu nehmen. Ich treffe mich regelmäßig mit jemandem der mir bei der Optimierung unserer internen Prozesse und beim Projektmanagement hilft. „Hilfe“ im Sinne von Sparringspartner und Ideengeber.
Insbesondere die Idee eines Sparringspartners gefällt mir. Wir diskutieren Themen, sagen uns offen die Meinung und finden Lösungen die sich an den praktischen Möglichkeiten orientieren. Ich muss auch zugeben, dass mir die regelmäßigen Treffen helfen, mich im Alltag auf das Wichtigste zu konzentrieren und auch die schweren Brocken zu bearbeiten.
Und wie findet man nun einen guten Consultant? Im besten Falle sucht man ihn dann, wenn man ihn nicht braucht. Ich meine damit nicht in Zeiten in denen alles wunderbar läuft, aber zumindest sollte, wie bei allen wichtigen Entscheidungen, der Leidensdruck noch nicht zu hoch sein, so dass man ausreichend Ruhe hat den richtigen Kandidaten zu finden. Ich hatte hier etwas Glück. Meinen Consultant traf ich schon vor 10 Jahren in einem Greifswalder Bistro.
Consulting bei kleinen Problemen
Meine erneute Offenheit gegenüber Beratung und Hilfe im richtigen Moment geht soweit, dass ich neulich bei einem Problem jemanden schnell um Hilfe gebeten und damit viel Zeit und Nerven gespart habe.
Ich entwickle immer noch selbst Websoftware und dazu brauche ich auf meinem Rechner entsprechende Software. Manchmal hakt es und häufig verbringe ich dann Stunden damit den Fehler zu suchen oder probiere mich durch irgendwelche Tutorials um dann am Ende noch mit einem größeren Problem dazustehen oder doch ein Backup einzuspielen um alles zurückzusetzen.
Zuletzt bin ich einen anderen Weg gegangen und habe mich entschieden, über die Webseite codementor.io nach Hilfe zu suchen. Das ist eine Outsourcing-Plattform die sich darauf konzentriert, Spezialisten für kurze Beratung zu vermitteln. Innerhalb von Minuten war ich dann schon mit jemandem im Live-Chat der mir gekonnt dabei geholfen hat mein Problem zu verstehen und zu beheben. Ich habe damit nicht nur eine Lösung bekommen, sondern noch etwas gelernt und dabei Zeit gespart.
Mentoren
Während ich Berater hinzuziehe, wenn ich fachliche Unterstützung bei Dingen benötige von denen ich weiß, dass sie im Argen sind, sehe ich die Rolle von Mentoren eher in einer strategischen und gesamtheitlichen Betrachtung.
Mentoren sind im besten Fall Unternehmer die meiner eigenen Karriere etwas voraus sind und mir daher helfen zu reflektieren und voraus zu schauen. Das oben genannte Beispiel mit dem Tipp, das Geschäftsmodell vom Produkt abzukoppeln und überhaupt erst einmal den Markt anzutesten geht in diese Richtung.
Ein anderer Mentor von mir hat zu Beginn meiner Unternehmerlaufbahn einmal gesagt, dass es nur sinnvoll ist dabei zu bleiben wenn ich schon jetzt weiß, dass ich bereit bin das 10 Jahre durchzuziehen. So lange würde es nämlich brauchen bis man wirklich erfolgreich ist.
Diese Aussage hat mir sehr dabei geholfen das zum Scheitern verurteilte Projekt zu beenden und mich vielleicht auch davor bewahrt, manch neues Projekt zu beginnen in dem mein Herzblut doch nicht ganz dabei war. Wer sich zudem die Frage nach der langzeitlichen Perspektive und der eigenen Rolle darin kritisch stellt, wird merken, wie sich die ein oder andere Entscheidung aufdrängt die vorher nicht so wichtig erschien.
Im Unterschied zum Berater muss das Verhältnis zu einem Mentor nicht formalisiert sein. Ich war damals in einem Netzwerk namens MentoringMV, welches Kontakte zwischen Gründern und erfahrenen Mentoren vermittelt hat. Meinen so vermittelten Mentoren habe ich nur nach Bedarf gesprochen und das auch ausschließlich telefonisch. Es spricht aber auch nichts dagegen sich selbst einen Mentoren zu suchen. Viele Unternehmer sind da ganz offen und auch gerne bereit, ihr Wissen weiterzugeben.
Wer jetzt ganz am Anfang steht und nicht weiß, wessen Ratschläge er einholen soll, dem würde ich zunächst Gründerstammtische empfehlen, um sich auszutauschen. Zudem ist ein Mentor hilfreich, der selbst ein Unternehmen betreibt. Einen Berater für allgemeine Unternehmensangelegenheiten würde ich in frühen Zeiten nur empfehlen, wenn es sich dabei um jemanden handelt, den man auch als Mentor akzeptieren würde, also jemand, der ein Unternehmen betreibt welches nicht das Beratungsunternehmen selbst ist. Je nach Branche, kann aber auch eine Fachberatung nützlich sein, wenn es um sehr spezielle Probleme geht.