Kennt ihr das auch: Eure Eltern erzählen euch eure ganze Schulzeit über, dass diese doch die schönste Zeit im Leben sei. Wahrscheinlich habt ihr das genauso wenig geglaubt wie ich, denn wir kannten die Zeit danach ja noch nicht. Für das Gründen ist aber unzweifelhaft das Studium die perfekte Zeit. Leider ist mein Studium schon vorbei, aber vielleicht hilft die rückblickende Betrachtung dabei die besten Argumente für eine Gründung im Studium zu finden.
Die schönste Zeit im Leben
Im Studium habe ich schnell gemerkt, dass meine Eltern falsch lagen. Die Schulzeit war nicht die schönste Zeit, sie war die einfachste. Von zu Hause ausgezogen, musste ich mich plötzlich um alles selbst kümmern. Dennoch hatte ich mehr Freiheiten und vor allem Möglichkeiten, so dass das Studium auf jeden Fall schöner war. Jetzt gebe ich mir Mühe, dass mein Leben im Hier und Jetzt die schönste Zeit ist und aktuell spricht nichts dagegen.
So viel Zeit…
Eine wichtige Erfahrung habe ich aber mitgenommen. Schon beim Schritt ins Studium habe ich mich gefragt, was ich eigentlich mit der ganzen freien Zeit nach 14 Uhr Schulschluss angestellt habe. Jetzt frage ich mich, wie ich die Zeit im Studium totgeschlagen habe. Da ich bisher nie wirklich mit festen Arbeitszeiten angestellt war kann ich über diesen Schritt keine Erfahrungen berichten, aber zumindest als Selbstständiger ist die wirklich freie Zeit (nicht zu verwechseln mit der „frei einteilbaren Zeit“) doch überschaubar. Irgendwie ist man immer dabei.
Zeit nutzen und Erfahrungen sammeln
Ich habe während meiner Studienzeit in verschiedenen (ehrenamtlichen) Tätigkeiten und auf Reisen viele Erfahrungen gesammelt und Leute kennengelernt. Vieles davon hat mich geprägt und wird mich noch lange begleiten. Damals hatte ich mich darauf eingestellt als angestellter Projektkoordinater in irgendeiner multinationalen Organisation zu arbeiten. Daher war meine unternehmerische Tätigkeit recht überschaubar, auch wenn ich schon selbstständig gearbeitet hatte und die Gründung einer GbR in diese Zeit fällt.
Gründung im Studium
Wenn ich mit kurz-vor-30 schon eine Erfahrung weitergeben darf, dann sicherlich diese: Gründet im Studium!
Mit fallen dazu 6 Argumente ein:
- ihr habt Zeit
- jeder hilft euch
- ihr habt ein natürliches Netzwerk
- ihr braucht wenig Geld
- ihr habt wenig Verantwortung
- ihr seid flexibel
ihr habt Zeit
Wie schon erwähnt, habt ihr im Studium Zeit. Natürlich gibt es Studienfächer und Zeiten im Semester in denen das weniger gilt, aber zumindest als Selbstständiger werdet ihr euch nach Ausschlafen und durchfeierten Wochenenden sehnen. Außerdem habt ihr keinen Zeitdruck. Persönlicher Finanzbedarf und Verantwortung sind relativ gering und daher könnt ihr es euch mal erlauben Zeit in ein Projekt zu stecken das gegen die Wand fährt. Gerade die Erfahrung des „erfolgreiche Scheiterns“ wird euch später helfen.
jeder hilft euch
Ich bin von einer großen Hilfsbereitschaft tief in jedem Menschen überzeugt. Als Student lässt sich diese aber deutlich leichter entlocken als später als Unternehmer. Zu den Dingen die ich als Student problemlos erhalten habe zählen steuerliche Beratung, Unterstützung bei der Beantragung von Fördergeldern oder Auskunft und Informationen von Leuten, die sonst dafür teures Geld nehmen.
ihr habt ein natürliches Netzwerk
Es ist zwar häufig so, dass die Mediziner, die Naturwissenschaftler oder die Geisteswissenschaftler jeweils unter sich bleiben, aber dennoch knüpfen sich Kontakte in Vorlesungen, in der Mensa und auf Studentenpartys sehr leicht. Wer sich zudem wie ich in studentischen Organisationen engagiert kennt schnell aus jedem Fachbereich jemanden. Gerade in dieser Zeit habe ich erlebt, wie schnell das Netzwerk gespannt war in dem sich dann mal ein Grafiker, ein guter Schreiberling oder jemand mit juristischen Kenntnissen befindet. Und natürlich hilft man sich unter Studenten auch ohne große Verpflichtungen. Außerdem geht es den anderen wie euch: sie haben Zeit und Lust auf etwas Neues.
Ein weiterer wichtiger Punkt, schon im Studium ein soziales Netzwerk zu pflegen ist der, dass sich später die Wege verzweigen und ihr plötzlich fast wie von selbst Leute in allen Branchen und verschiedenen Regionen kennt.
ihr braucht wenig Geld
Ich zahle heute soviel in irgendwelche Versicherungen und soziale Absicherung ein, wie ich als Student für meinen kompletten Lebensunterhalt gebraucht habe. Außerdem ist der Studentenausweis auch auf vielen teuren Veranstaltungen ein geldwerter Vorteil. Bei der next12 kostete der Eintritt für Studenten knapp 107€, für „normale“ Besucher lag dieser bei über 600€. Hinzu kommt der schon genannt Vorteil, dass euch viele Leute auch mal unentgeltlich helfen.
Wer dann noch Bafög, ein Stipendium oder die Eltern als sichere Finanzierungsquelle hat, der muss auch mit der ersten Gründung nicht gleich reich werden. In der Tat ist eines meiner aktuell größten Projekte aus Spaß an der Freude entstanden und konnte sich nur deshalb gut entwickeln, weil ich finanziell nicht darauf angewiesen war.
Ich habe stets versucht, mich durch meine Fächerwahl breit aufzustellen. Kurse in Rhetorik, Englisch, Wirtschaft und Recht waren da selbstverständlich. Mal abgesehen davon, dass ich diese Kurse heute zeitlich nicht mehr nachholen könnte, so wären sie unbezahlbar. Also nutzt die häufig kostenlosen Angebote und schaut auch mal in fachfremden Veranstaltungen vorbei. Hierzu noch ein Beispiel: Der Rhetorik-Kurs, den ich im Rahmen meines Bachelors kostenlos absolviert habe kostet Unternehmer als Wochenendseminar 980€.
ihr habt wenig Verantwortung
Viele Studenten haben wahrscheinlich keine besonderen Verpflichtungen. Eine Familie gilt es noch nicht zu versorgen, soziale Absicherung ist (noch) kein Thema und durch den allgemein geringen Geldbedarf reicht es meist für das wichtigste. Weiterhin müsst ihr wenig Rücksicht auf andere nehmen, könnt die Nacht durcharbeiten und auch mal einfach ein paar Tage in einem Projekt versinken statt euch vor einem Chef oder Kunden rechtfertigen zu müssen.
ihr seid flexibel
Alle vorher genannten Gründe ermöglichen es euch auszuprobieren. Die vielen Möglichkeiten an Universitäten in Bezug auf Praktika, Kursen oder sogar betreute Gründungsprojekte ermöglichen euch eine breite Aufstellung für später. Probiert einiges aus und sammelt auch fachfremde Erfahrungen. Ich selbst bedaure zumindest die fehlende Teilnahme an Gründerwettbewerben, muss aber auch feststellen, dass das Bewusstsein dafür in den geisteswissenschaftlichen Studienrichtungen leider eher gering ist.
und was soll ich gründen?
Auch wenn der Titel dieses Artikels etwas anderes vermuten lässt, so will ich euch nicht überreden im Studium zu gründen. Es ist besser die ersten Ideen unverkrampft anzugehen als mit Macht irgendeine Idee ins Unglück zu führen. Ich selbst habe meine Unternehmerleidenschaft erst nach dem Studium entdeckt, aber genauso gut hätte ich mich für etwas anderes entscheiden und vielleicht weiter studieren können. Viel wichtiger ist die Breite an Erfahrungen die euch später helfen den „richtigen“ Weg zu finden bzw. euch auf das vorzubereiten was danach kommt.
In jedem Fall helfen mir aber einige Erfahrungen aus dem Studium heute enorm weiter, die ich zum Glück schon damals bewusst gewählt habe, um mich breit aufzustellen. Dazu gehören:
- die Gründung einer GbR
- Mitarbeit in studentischen Gremien
- Praktika
- freiwillige Seminare (z.B. zu Projektmanagement)
- Wahlfächer in Rhetorik, Englisch, Wirtschaft und Recht
- Beantragung von Stipendien und Fördergeldern
Das sind nur die direkten Dinge. Das Studium an sich kann schon eine organisatorische Meisterleistung sein. Aber das hebe ich mir für einen anderen Artikel auf.
Eure Erfahrungen
Befindet ihr euch noch im Studium oder schwelgt wie ich in stillen Momenten in schönen Erinnerungen? Wie bereitet ihr euch aktuell auf „das Leben danach“ vor? Oder welche Unterschiede waren für euch beim Wechsel ins Berufsleben vorherrschend? Ich freue mich auf eure Kommentare.